Wien ist bekannt für seine traditionelle Kaffeehauskultur. Große Namen, wie das Hawelka, Prückel oder Landtmann sind seit jeher beliebte Szene-Treffpunkte. Daneben existieren urige Beiseln und Heurige, an denen der Wiener seinen G’spritzten zu Fleischbrot und Rohschinken trinkt. Cocktail-Bars nach amerikanischem Vorbild aber waren bis vor wenigen Jahrzehnten kaum bekannt und fanden sich hauptsächlich in internationalen Hotels wieder.
Warum das so ist und was nun ausgerechnet ein Pharmazeut aus dem nördlichsten Waldviertel mit der Entwicklung der Wiener Barszene zu tun hat, erfahren wir von Christof Habres, Journalist und Autor des „Wiener Barbuch“.
Von Apotheken zu American Bars in Wien
„Bei all der momentanen Diskussion über Gesundheit, sollte uns bewusst sein, dass im Wilden Westen Alkohol – als Zusatz zu Kräuterbitter – quasi als Medizin in den Drugstores verabreicht wurde. Nachdem das ja eher wilde Gesellen waren, mussten sich die ersten „Barkeeper“ und ihr Inventar vor illuminierten, Medizin eingenommenen Cowboys schützen – und so entstand die robuste Bar und die Theke“, erklärt uns Christof Habres, während wir im Hotelrestaurant „das Schick“ bereits bei Dessertwein und Nachspeise angelangt sind. Noch heute steckt im Wort Apotheke die „Theke“, als offensichtliche Gemeinsamkeit mit der Bar.
Gemeinsam mit Monika und Petar von Travel World Online, einer weiteren Monika vom Blog Entdecker(g)reise und Lucia alias diekremserin sind wir auf Einladung des Schick Hotels Capricorno durch Wien unterwegs. Nach einem kulinarisch äußert interessanten Abendessen mit österreichisch-spanischer Fusionsküche geht es Freitagabend auf einen Streifzug durch die Wiener Barszene, geführt vom Buchautor selbst und begleitet von Peter Buocz von den Schick Hotels und Charlotte Ludwig von PR Plus.
Kurz zurück zu den Gemeinsamkeiten von Apotheken und Bars: Wie ich später im „Wiener Barbuch“ nachlese, ist Heinz Kaiser nicht nur Barchef in Wiens prämierter Dino’s American Bar (Falstaff American Bar des Jahres), sondern – richtig – studierter Pharmazeut und an zwei Tagen in der Woche Apotheker in Drosendorf an der Thaya. In beiden Berufen ist er Experte im Mischen der richtigen Zutaten, arbeitet mit ähnlichen Gerätschaften und kümmert sich um das Wohl seines Gegenübers. Dabei kommt es auf Genauigkeit und gutes Einfühlungsvermögen an. Ein guter Barkeeper nimmt nicht etwa nur einfach deine Bestellung entgegen, er liest zwischen den Zeilen und kann dir den richtigen Drink empfehlen.
Gespannt, was uns an diesem Abend erwartet, möchte ich von Christof Habres wissen, welche Bars er denn für uns ausgewählt hat. Die erste kenne ich zwar vom Namen, war aber selbst noch nicht zu Gast:
Eberts Bar
Mitten im 6. Bezirk und nicht weit von meiner Wohnung entfernt befindet sich die Eberts Bar, benannt nach dem Chef und gleichzeitig Gründer der 1. österreichischen Barkeeperschule Christian Ebert. Mit seiner eigenen Bar bietet er den Absolventen nicht nur die Möglichkeit auf einen vielversprechenden Praxisplatz, sondern weiß auch das anspruchsvolle Wiener Barpublikum mit innovativem Konzept und international inspirierten Eigenkreationen zu begeistern. Unser Barkeeper Mo war erst kürzlich in Japan auf Erfahrungsaustausch unterwegs.
Die Cocktails schmecken außerordentlich gut. Cori greift zu einem Irma Prince, der „in Buchform getarnt“ in einem Flachmann serviert wird. Ich bestelle einen Femme Fatale, mit einer ebensolchen als Untersetzer. Und Christof? Der „hält die Presse“ – im wahrsten Sinne, denn sein Bier (sic!) kommt eingewickelt in Zeitungspapier an den Tisch.
(Gumpendorfer Straße 51, 1060 Wien, www.eberts.at)
Roberto American Bar
Ende 2013 verlässt Roberto Pavlovic als Barchef die berühmte Loos Bar, um wenige Wochen später seine eigene Roberto American Bar im 1. Bezirk aufzusperren. Binnen kürzester Zeit avanciert die kleine Bar am Bauernmarkt 11-13 zu den Top-Adressen in der Szene und erhält von Falstaff die Auszeichnung Neueröffnung des Jahres. Als Grund für die Auszeichnung wird der gewaltige Publikumszuspruch angegeben. Der kann gerade an den Wochenenden mitunter so groß sein, dass man ohne Tischreservierung nicht mal durch die Tür kommt. Einen Versuch ist es aber auf jeden Fall wert, denn nicht nur der überdimensionale Luster über der Bar beeindruckt uns, sondern auch die Qualität des Drinks. Bloß hieß der jetzt Sand and Storm oder Dark ’n‘ Stormy? Ich werde es noch recherchieren 😉 Weder noch: Es war ein Blood and Sand. (Danke, Christof!)
(Bauernmarkt 11-13, 1010 Wien, www.robertosbar.com)
X
Das mysteriöseste Lokal unserer Bartour ist sicherlich das „X“ in der Wollzeile. Kein Schild, bloß eine Glocke an einer unscheinbaren Tür. Wer hinein will benötigt entweder das Code-Wort des Tages oder ist in Begleitung von jemandem, der einen der limitierten Schlüssel zum Privatsalon besitzt. Eigentümer des „X“ ist Martin Ho, der bereits mit seinem Lokal Dots für Aufregen sorgte (Stichwort „Sushi meets Apfelstrudel“) und sich hinsichtlich seines Clubs medial bedeckt hält. Wie übrigens auch seine ausgewählten Gäste, die im Inneren an eine „No Social Media Policy“ erinnert werden. Daher mag auch ich nicht zu viel verraten, nur so viel: Hinter der Theke ist mit Alexandra Bisanz eine der wenigen Barchefinnen am Werk. Karte gibt es keine, dafür aber auf individuelle Vorlieben abgestimmte Empfehlungen. Ich bekomme einen Last Word, einen Cocktail auf Gin-Basis. Weitere Signature Drinks von Alex hören auf Namen wie The Hanky Panky, Whisky Smash oder Last Breakfast at Carla’s.
(Wollzeile, 1010 Wien)
Zum selber Mixen
Wer die Drinks probieren will, findet die Rezepte zu ausgewählten Cocktails der besten Wiener Barkeeper auf den letzten Seiten im „Wiener Barbuch“, erhältlich als Premium-Edition in 2. Auflage im gut sortierten Buchhandel bzw. auf Amazon (Affiliate-Link). Oder du bittest Christof Habres um eine geführte Bartour, die der Autor seit kurzem für kleine Gruppen mit vier bis sechs Personen unter www.ratpacktoursvienna.com anbietet.
Vielen Dank an Schick Hotels für die Einladung zu dieser Blogger- und Genussreise. Meine Meinung bleibt wie immer meine eigene!
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